Wechsel im Vorstand - Übergabe an ein neues Team
Liebe Mitglieder, liebe Nulldrei-Fans,
die Amtszeit des aktuellen Vorstands nähert sich dem Ende und damit auch unsere Zeit als Vorstandsvorsitzende. Zeit, auf Erreichtes zurückzuschauen, aber auch Unerreichtes zu benennen, kurz: Bilanz zu ziehen. Wenn es etwas gibt, was man in jedem Fall konstatieren muss, dann dass es (leider?) nie langweilig wird in unserem Sportverein. In all den Jahren ging es immer um Konsolidierung der Strukturen und der Finanzen und es wird auch weiterhin Aufgabe der Gremien bleiben. Weil sich Vereine stets im Wandel befinden, sich in ihrer Mitgliedschaft, ihren Angestellten, den vielen Ehrenamtlichen und ihren Erwartungen verändern und weil sie auch in der sich ändernden Welt um sie herum bestehen müssen, gegenüber anderen Vereinen und Verbänden und auch gegenüber den gesellschaftlichen Entwicklungen.
Zeiten des fortschreitenden Rechtsrucks und der Normalisierung ihrer Akteure, wie der AfD, fordern einen sich selbst als antifaschistisch verstehenden Verein wie unseren heraus. In der Gesellschaft nehmen Ausgrenzung, Hass, autoritäres Denken zu. Der Verein hingegen ist Ort gelebter Vielfalt, wo sich Menschen verschiedener Herkünfte und Erfahrungen begegnen, so wie der Fußball uns zusammenbringt – auf dem Platz, auf den Rängen, am Arbeitsplatz oder in der Familie. Der Verein ist für viele Mitglieder und Unterstützer:innen wie eine zweite Familie, ist sozialer Anker, ein Freundeskreis.
Für unseren Verein sind viele bereit, viel zu geben. Da sind die Fans, die weite Fahrten auf sich nehmen und kreative Choreografien vorbereiten, um die Mannschaft zu unterstützen. Da sind die Sponsoren, ohne deren Unterstützung es den Verein so nicht mehr gäbe. Da sind die Ehrenamtlichen, die dafür sorgen, dass rund um den Spieltag alles läuft, was laufen muss: grüner Rasen, gute Musik, gute Versorgung mit Essen und Getränken, ein unterhaltsames Stadionheft, der Verkauf von Merch, die mediale Begleitung des Spiels – vorher, nachher, währenddessen –, gewaschene Trikots, schnelle Kassen und vieles mehr. Gemeint sind aber auch die Ehrenamtlichen in den Breitensport-Abteilungen und in den verschiedenen Gremien, darunter auch die Ausschüsse (Nachwuchs, Satzung, Schiedsrichter). Nicht zuletzt der Ehrenrat, dem eine besondere Rolle zuteil wird, auch wenn sein vermittelnder Eingriff zum Glück nicht häufig vonnöten war.
Sie alle leisten einen unverzichtbaren Beitrag zum Vereinsleben. Auf ihre Unterstützung sind wir als Vorstand angewiesen. Gleichzeitig sind wir den Mitgliedern gegenüber rechenschaftspflichtig und wollen gerne jenseits des formalen Berichts ein Fazit mit euch ziehen, bevor wir an einen neuen Vorstand übergeben.
Aufenthaltsqualität im Stadion: Heimspieltag soll Feiertag sein! – so lautet nicht nur der sportliche Anspruch an unsere Mannschaft, sondern auch die berechtigte Erwartung unserer Gäste an eine gute Zeit im Karli – und aus Sicht des SV Babelsberg 03 als Arbeitgeber war es auch unser Wunsch, dass unsere Angestellten sich auf diesen Tag freuen. Aus einer Mitgliederumfrage entstanden zahlreiche konkrete Maßnahmen, um den Erwartungen aller Beteiligten besser gerecht zu werden. Viele konnten schon umgesetzt werden und wurden belohnt mit steigenden Zuschauer:innenzahlen. Nun muss es uns gelingen, daraus noch größere Mitgliederzuwächse zu machen. Die beschlossene Familienmitgliedschaft kann hoffentlich zeitnah eingeführt werden.
Sportliche Entwicklung: Wir hatten viele Umstellungen im sportlichen Bereich, die nicht nur den Trainerposten, sondern auch das Team drumherum und die sportliche Leitung betrafen. Mit einigen Entscheidungen konnten wir rückblickend nicht zufrieden sein, eine Linie war zeitweise nicht mehr zu erkennen. Wir sind aber der Auffassung, dass der Bereich Sport in guten und erfahrenen Händen ist, wir mit dem aktuellen Kompetenzteam auf die verschiedenen individuellen Stärken der beteiligten Akteure zugreifen können.
Wirtschaftliche Entwicklung: Es ist und bleibt eine Herausforderung, das wird auch klar, wenn man den Blick über den Tellerrand wirft und die Entwicklung anderer Sportvereine verfolgt. In den vergangenen Jahren haben wir stetig neue Sponsoren dazugewonnen und unsere Einnahmen entsprechend erhöht. Gleichzeitig ziehen sich immer wieder auch Geldgeber zurück. Unsere Ausgaben steigen – manche durch eigene Entscheidungen, andere durch externe Faktoren – und die Einnahmen müssen dauernd mitwachsen. Vor dem Hintergrund unserer Vereinsgeschichte sind wir stolz, dass uns die wirtschaftliche Stabilität gelungen ist, es bleibt aber eine tägliche Kraftanstrengung.
Professionalisierung der Strukturen: Grundlage für die wirtschaftliche Entwicklung ist eine funktionierende Geschäftsstelle mit der richtigen Mischung aus Erfahrung und frischem Wind. Investitionen in den Ausbau des Personals müssen dabei gut überlegt sein, weil sie einerseits Mittel binden, andererseits Grundlage für Wachstum und Weiterentwicklung sein können und müssen. Immer wieder haben wir dabei auch einschneidende personelle Veränderungen kompensieren müssen, etwa den Wechsel in der Geschäftsstellenleitung. Insgesamt stimmt uns positiv, dass wir in der Gesamtbelegschaft, bspw. im Nachwuchs und bei den Ehrenamtlichen, viel Stabilität beobachten können.
Kommunikation mit unseren Mitgliedern: Da hatten wir uns viel vorgenommen und konnten das nur zum Teil einlösen. Einige Konfliktthemen sind auch erst groß geworden, weil wir als Vorstand zu wenig oder zu spät kommuniziert haben. Begründet haben wir das häufig mit der Überlastung der Vorstandsmitglieder, die das operative Geschäft eines Sportvereins ehrenamtlich – neben ihren Jobs und familiären Verpflichtungen – wuppen müssen. Das ist auch wahr – und trotzdem geht es so nicht. Wir müssen als Vorstand dafür sorgen, dass die Mitglieder über wichtige Entwicklungen auf dem Laufenden bleiben und regelmäßig auch ihre Fragen loswerden können. Deswegen sind die Info-Veranstaltungen so wichtig, zu denen wir regelmäßig eingeladen haben, aber auch, dass wir diesen Bereich im Vorstand personell gestärkt haben. Es gab aber auch Konflikte infolge von Veränderungen und Vorkommnissen in der Fanszene, die unseres Erachtens Teil einer solidarischen, aber kritischen Aufarbeitung innerhalb der Mitgliedschaft des Vereins sein müssen. Wir alle sind Nulldrei und müssen gemeinsam darum ringen, wie jede und jeder seinen Platz im Verein finden und sich hier wohlfühlen kann.
Unsere Werte: Hierzu ließe sich ein eigenes Buch schreiben, über die Werte, die wir nach außen vertreten wollen und im Zuge des Wertekanons noch einmal beschlossen und für alle nachlesbar festgehalten haben. Aber auch über die Werte, die wir nach innen leben wollen. Im Stadion, im Miteinander unter den Fans, unter Angestellten und Ehrenamtlichen. Zu denen wir uns in der Stadtgesellschaft und mit vielen Bündnispartnern vernetzen, um Potsdam als weltoffene, lebenswerte Stadt zu erhalten und sie noch mehr dazu zu machen. Wir wollen das Stadion noch stärker zum Ort für gelebte Nachhaltigkeit machen und ebenso zu einem inklusiven Ort für alle Menschen – etwas, wo wir unseren Ansprüchen hinterherhinken. Wir wollen uns weiter als Teil der Potsdamer Sportfamilie etablieren.
Sind wir mit dem Erreichten zufrieden? Nie. Haben wir in den letzten Jahren was geschafft? Eine Menge. Sind wir auf einem guten Weg? Das hoffen wir sehr und wir haben in etlichen Arbeitsstunden in den letzten Jahren versucht, dazu beizutragen.
Nach außen mag das manchmal widersprüchlich erschienen sein. So widersprüchlich wie die Fußballfanseele, die nach drei Siegen ins Schwärmen gerät und vom Aufstieg träumt – nach drei Niederlagen dann aber bei Facebook ausbreitet, warum ja eh schon immer klar war, dass es mit diesem Vorstand und dieser Mannschaft nie etwas werden kann.
Wir haben unser Bestes versucht und dabei natürlich auch Fehler gemacht. Wir haben Entscheidungen treffen müssen, die schwergefallen sind. Wir wurden mal zu recht, mal zu unrecht kritisiert. Wir sind aber trotz manchmal unterschiedlicher Auffassungen als Team gestartet sind und es immer geblieben.
Die Doppelspitze war dabei nie Selbstzweck und auch nicht einfach nur Ausdruck des – auch berechtigten – Wunsches, die Vielfalt der Gesellschaft auch in den Gremien abzubilden, wo Frauen nach wie vor unterrepräsentiert sind. Sie war vielmehr auch Ausdruck einer Haltung, wonach vier Augen mehr sehen als zwei, zwei Köpfe mehr bewegen als einer. In unserem Fall waren es noch viel mehr Köpfe, weil wir immer eng als Team gearbeitet haben und in der Unterschiedlichkeit der Perspektiven eine Stärke bestand. Das betrifft auch die gute und enge Zusammenarbeit mit den Mitgliedern des Aufsichtsrates, die in verschiedenen Bereichen über ihre Kontrollfunktion hinaus zur Weiterentwicklung des Vereins beitragen.
Der Fußball gehört den Menschen und unser Sportverein seinen Mitgliedern, er darf nicht Manövriermasse von Funktionären und Verbänden sein aber auch nicht von alten oder neuen Nazis gekapert werden. Beides ist keine Selbstverständlichkeit.
Wir wünschen dem kommenden Vorstand, dass er nicht nur die verschiedenen Aufgaben personell gut abbilden wird, sondern auch den Teamspirit beibehalten kann – und damit weitere Grundsteine legt für eine positive sportliche und wirtschaftliche Entwicklung.
Wir wünschen ihm und uns, dass er das Wort ergreift, um sich für die Schwachen und Angegriffenen in der Gesellschaft einzusetzen, weil vermeintliche Neutralität in Zeiten von Ausgrenzung bedeutet, wegzusehen und gleichgültig zu sein. Sport ist nie unpolitisch. Wir gehen nicht nur für drei Punkte und eine bessere Tabellenposition auf den Platz, sondern auch für unsere Werte.
Wir wünschen dem neuen Vorstand nicht nur Haltung nach außen, sondern auch nach innen. In einem Verein gibt es immer viele Expert:innen. Nur wenige sind aber bereit, Verantwortung zu übernehmen und zu Entscheidungen (auch den Fehlern) zu stehen. Die Interessen des Vereins vor die Interessen Einzelner zu stellen, erfordert Mut und Durchhaltevermögen und viele Unterstützer:innen.
Wir werden dem kommenden Vorstand auf eigenen Wunsch nicht mehr angehören, weil wir überzeugt sind, dass es Raum für neue Leute mit frischer Energie und neuen Ideen braucht. Der Aufsichtsrat wird den neuen Vorstand seinem Satzungsauftrag folgend zu Anfang November berufen. Es wird wieder ein Vorstand sein, der für den Verein brennt, sich mit seiner Geschichte und seinen Werten identifiziert, und der daher mit breiter Unterstützung rechnen kann – auch von uns.
In diesem Sinne wünschen wir allen, die bereit sind, diese Verantwortung zu übernehmen: Gutes Gelingen!
Katharina Dahme & Kristian Kreyes